Neues Schweißverfahren für Panzerstähle: DLHP®-Schweißtechnik setzt Impulse für unterschiedlichste Sicherheitsanwendungen
Hintergrund: Die Hagener Firma Stahlkontor, Spezialist für die Verarbeitung hochfester Stähle, hat ein neues, vollmechanisiertes Schweißverfahren für Panzerstähle entwickelt und zum Patent angemeldet. Der „Doppel-LaserHybrid-Prozess (DLHP®)“ verspricht erhöhte Sicherheit und Qualität, eine beschleunigte Fertigung und sogar wirtschaftliche Vorteile.
Ein Interview mit Geschäftsführer Heiko Drawe und Schweißfachingenieur Dipl.-Ing. Roman Litschmann, Stahlkontor GmbH & Co. KG, über die technischen und wirtschaftlichen Hintergründe des DLHP®-Schweißens.
? Wie kam es zur Entwicklung des DLHP®-Schweißverfahrens durch Stahlkontor?
Heiko Drawe: Neue Werkstoffe und optimierte Verarbeitungsprozesse haben die Spezialisierung in den Bereichen Wehrtechnik, Luftfahrt und Ziviler Schutz in den letzten Jahren deutlich vorangetrieben. Spezialisierte Auftragsfertiger wie Stahlkontor sind gefordert, die streng durch Normen und Herstelleranforderungen definierten Prozesse nachvollziehbar zu beherrschen – dieses Know-how ist auftragsentscheidend. Wir haben uns bereits vor einigen Jahren dazu entschlossen, diese Entwicklung aktiv mitzugehen und mehr noch: wir wollten in einigen unserer Kernkompetenzen neue technische Impulse setzen, sozusagen als nachhaltiges Kooperationsangebot an unsere Kunden.
Roman Litschmann: Aus unserer Erfahrung in der Auftragsfertigung für unterschiedlichste sicherheitsrelevante Bauteile kennen wir natürlich die Schmerzpunkte unserer Kunden. Wir sind an Materialprüfungen, Sprengstoff- und Beschusstests aktiv beteiligt und wissen, dass die Schweißnaht einen kritischen Bereich der Bauteile und Baugruppen aus Panzerstahl darstellen kann. So begannen wir bereits vor einigen Jahren damit, unsere werkstoff- und schweißtechnischen Prozesskenntnisse zu bündeln. Ziel war es, einen vollmechanisierten Schweißprozess zu entwickeln, der unseren Kunden und uns einen deutlichen Nutzen bringt. Unter Berücksichtigung strengster Sicherheitsanforderungen.
? Was macht die Schweißnaht bei Panzerblechen zu einem „kritischen“ Bereich?
Roman Litschmann: Der Referenzprozess für das Schweißen von Panzerblechen ist für uns der manuelle, mehrlagige MAG-Schweißprozess. Beim MAG-Schweißen mindert man die negativen Einflüsse des lokalen Wärmeeintrags in den Werkstoff, indem man längere Nähte in Abschnitte unterteilt und die einzelnen Teile „alternierend“, d. h. in mehreren Ansätzen von jeweils ca. 300 mm schweißt. Professionell umgesetzt führt dieser Prozess zu sicherheitstechnisch befriedigenden Ergebnissen, allerdings ist er zeitaufwändig und birgt aufgrund der häufigen Schweißnahtansätze die erhöhte Gefahr von Bindefehlern, die negative Einflüsse auf die Schutzwirkung haben können. Zudem leidet die Bauteilqualität durch die häufige Erwärmung im Hinblick auf Formstabilität. Die „wellige“ Form resultiert dabei aus Schweißspannungen und Winkelschrumpfungen hauptsächlich bei dünnwandigen Bauteilstrukturen. So muss in der Regel ein zusätzlicher Richtprozess erfolgen, um die erwünschte Ebenheit des Bauteils herzustellen. Durch die höheren Schweißgeschwindigkeiten beim DLHP®-Schweißverfahren gegenüber konventionellen Schweißprozessen ergeben sich in den Konstruktionen schmalere Wärmeeinflusszonen, die zu einer Verbesserung der mechanisch-technologischen sowie der ballistischen Eigenschaften führen.
Heiko Drawe: Bei der Entwicklung des DLHP®-Schweißverfahrens setzten wir gleich an mehreren Punkten an, die für unsere Kunden wichtig sind. So standen die Optimierung von Sicherheit, Qualität, Produktionszeit und Kosten auf unserer Anforderungsliste für den neuen Prozess. Die eigentliche Neuigkeit ist: Wir können unseren Kunden mit dem DLHP®-Schweißverfahren einen alternativen Prozess anbieten, der zu gleichen oder sogar geringfügig niedrigeren Kosten zu einem nachweislich sichereren Produkt führt – und das in deutlich kürzerer Produktionszeit und mit verbesserter optischer Anmutung des Bauteils. Entsprechende Nachweise haben wir intern und extern geführt, u. a. über erfolgreich bestandene, vergleichende Anspreng- und Beschussprüfungen gemäß WTD-Normung.
? Für welche Bauteile und Baugruppen kommt das neue DLHP®-Schweißverfahren in Frage?
Heiko Drawe: DLHP®-Schweißen macht überall dort Sinn, wo lange Schweißnähte zur Verbindung von Panzerstählen und hochfesten Feinkornbaustählen vorgesehen sind und neben den Sicherheitsanforderungen auch noch eine gleichmäßige Optik der Schweißnaht gewünscht ist. Das können Bodengruppen und Dächer von gepanzerten Fahrzeugen sein, aber ebenso Systemkomponenten von Türen, Toren oder Fassaden höherer Schutzklassen sowie andere Sonderbauteile für den zivilen und wehrtechnischen Schutz. Weitere Einsatzgebiete ergeben sich bei Anwendungen von hochfesten Feinkornstählen, beispielsweise für die Konstruktion von Spezialfahrzeugen aus dem Bereich Kranbau und Feuerwehrtechnik. Wichtig in diesem regulierten Umfeld: Die lückenlose Dokumentation und Rückverfolgbarkeit aller Prozessparameter ist in vollem Umfang gegeben, da es sich beim DLHP®-Schweißen um einen vollmechanisierten, CNC-gesteuerten Prozess, mit einer Online-Qualitätsüberwachung handelt.
? DLHP®-Schweißen ist schneller und verringert den Zeitaufwand für Nacharbeiten. Wie wird sich das für Ihre Kunden in der Auftragsabwicklung bemerkbar machen?
Heiko Drawe: Um ein Beispiel aus der Wehrtechnik zu nehmen: Hersteller gepanzerter Rad- und Kettenfahrzeuge verzeichnen in den letzten Jahren eine stetig steigende Nachfrage – Prognosen sehen eine mittelfristige Verdoppelung der Aufträge. Mit der DLHP®-Schweißtechnolgie können wir die zu erwartende Kapazitätssteigerung in der Bauteil- und Baugruppenfertigung deutlich besser bewältigen – ohne jegliche Kompromisse an die spezifischen Sicherheitsanforderungen unserer Auftraggeber.
? Wann wird das neue Verfahren bei Stahlkontor eingeführt?
Heiko Drawe: Das DLHP®-Schweißverfahren befindet sich derzeit in der finalen Phase der Patentanmeldung und -prüfung. Eine Einführung der neuen Technologie in die Serienproduktion wird im vierten Quartal 2017 stattfinden. In unsere mittelfristige Produktionsplanung ist das neue Verfahren bereits fest integriert.
Die Vorteile im Überblick
- deutlich geringere Fertigungszeiten als beim MAG-Schweißen
- geringere Wärmeeinflusszonen im Nahtbereich
- hervorragende mechanisch-technologische Eigenschaften
- gleichmäßige, einlagige Schweißnaht ohne extreme Decklagenüberhöhung
- keine anschließende Schweißnaht-Nacharbeit notwendig (Einebnen der Schweißnaht oder Richten)
- gleichbleibender, reproduzierbarer und vollständig dokumentierter Prozess (vollmechanisiert)
- vergleichende Ansprengprüfungen bei der Wehrtechnischen Dienststelle erfolgreich durchgeführt
- Beschussprüfung gemäß WTD-Normung erfolgreich durchgeführt
Stahlkontor – Spezialist für die Verarbeitung hochfester Stähle
Stahlkontor ist ein international führender, konzernunabhängiger Systemlieferant für Teile und Baugruppen aus hochfesten Stählen und Panzerstählen für die Bereiche Defense, Aviation, Industrie und Schienenfahrzeuge sowie weitere zivile Sicherheitsanwendungen. Das in Hagen ansässige Unternehmen mit rund 250 Mitarbeitern verfügt über langjährige Werkstoff- und Prozesserfahrung, einen hochmodernen Maschinenpark und setzt leistungsfähige Programmier- und Konstruktions-software für die wirtschaftliche, schnelle und volumenangepasste Auftragsabwicklung ein. Zu den vielfältigen inhouse vorhandenen Schneid-, Strahl-, Zerspannungs- und Fügetechniken gehört der von Stahlkontor selbst entwickelte und 2017 zum Patent geführte, vollmechanisierte Doppel-LaserHybrid-Prozess (DLHP®) – das derzeit wirtschaftlichste und sicherheitstechnisch anspruchsvollste Verfahren zum Schweißen von Panzerstählen. Weitere Informationen unter www.stahlkontor.de
Stahlkontor GmbH & Co.KG
Preußerstraße 28
58135 Hagen
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